Der Wachtelhund auf Ausstellungen

geschichtliche Fakten und eigene Betrachtungen

 

Nachdem es in einer deutschen FB-Gruppe kürzlich eine "heisse" Diskussion gab, nachdem ausländische Wachtelhund-Besitzer stolz von Ausstellungs-Erfolgen berichtet hatten, während dies von etlichen deutschen Rasse-Fanatikern grundsätzlich abgelehnt wird und am besten "verboten" gehört, habe ich begonnen, zu diesem Thema einige Informationen zu sammeln.

Ich bin der Meinung, man kann nicht grundsätzlich einen Hund mit Ausstellungserfolgen schlecht reden, ohne zu wissen ob er auf der anderen Seite jagdliche Prüfungen mit Erfolg abgelegt hat und sich in der jagdlichen Praxis bewährt. In anderen Ländern gibt es andere Vorschriften, zum Teil sind Ausstellungen vorgeschrieben, wenn man züchten will. Man darf gerne über den Zaun schauen, aber braucht sich nicht - weil es dort anders zugeht - für etwas besseres halten, nur weil wir hier in Deutschland das Ursprungsland der Rasse sind. Vor allem finde ich es unmöglich, wenn sich Leute, die noch nie selbst an einer Ausstellung teilgenommen haben, sich herausnehmen das ganze Ausstellungswesen grundsätzlich zu verurteilen.

 

Als um 1900 zu Beginn der Regeneration der Rasse die Wachtelhund-Liebhaber einige passende Hunde aufgetrieben hatten, wurden auch gleich Würfe gezogen. Es gingen ein paar Jahre ins Land, bis 1903 der Verein (DWC) gegründet wurde. Man bemühte sich um Anerkennung durch bestehende Verbände, litt jedoch unter Anfeindungen der Kynologen des Kartells, speziell der Spaniel-Leute. Ledigllich die DC mit dem DHStB und angesehenen DL Züchtern stand dem "kleinen Vetter" des DL wohlwollend gegenüber.

Schon um 1906 war der DW-Klub fast völlig wieder eingeschlafen, die zerstreuten Züchter rat- und tatlos. Man hatte ja auch kein Zuchtbuch, kein Vereinsorgan, keine Landesgruppen, keine arbeitsfähige Leitung, keine Prüfungen usw. Ja nicht mal auf Ausstellungen war die "neue Rasse", die nicht "anerkannt" war, zugelassen!

Als endlich die erwähnten DL-Männer . . .  bei der Delegiertenkommission (DC) in Berlin die Anerkennung der Rasse befürworteten, war es schon fast zu spät, fast nichts mehr da! Nur mit Mühe und Not kratzen wir 1907 für die "Versuchsklassen" auf den DC-Schauen  und DC-Ausstellungen . . . das vorgeschriebene -Dutzend DW zusammen und das nicht völlig . . .

Aber immerhin genügten sie, um die Anerkennung der Rasse als solche zu erzielen und ihr das DHStB (Deutsches Hundestammbuch) zu öffnen, in dessen Band J (1909) dann endlich DW eingetragen werden konnten, die auf Schauen, Ausstellungen oder von anerkannten Begutachtern als den Rassekennzeichen entsprechend bestätigt worden waren. Wurfeintragungen gab es damals noch lange nicht!

Quelle: R.F. in der DWZ Jubiläumsausgabe 1953, 50 Jahre VDW

 

Mit anderen Worten, ohne Austellungen wäre die Rasse nicht anerkannt worden und evtl. wieder untergegangen. Zunächst wurden nur einzelne als rassetypisch bewertete Hunde eingetragen, wie z.B. auch der Stammvater "Lord Augusta 1834 L", gew. 1896, der erst 1910 im Band L (erschienen 1911) eingetragen wurde.

 

Der DW Klub hat jedoch nie die Ausstellungen in den Vordergrund gestellt, sondern das Hauptaugenmerk auf die jagdliche Führung und Eignung gelegt. Es wurde eine Prüfungsordnung aufgestellt und bereits 1910 wurde eine erste Gebrauchsprüfung mit 10 Hunden abgehalten. Anlageprüfungen gab es zu dieser Zeit noch nicht - auf der Gebrauchsprüfung wurden die Hunde auch auf der Hasenspur geprüft. Erst 1924 wurden die Anlageprüfungen eingeführt.

 

Die Gründungsländer 1911 der Federation Cynologique Internationale (FCI) waren Deutschland (mit DC und Kartell), Österreich, Belgien, Frankreich und Niederlande. Der DWK war Mitglied in der DC und somit über den Verband von Beginn an der FCI angeschlossen. Im ersten Weltkrieg stellte die FCI ihre Tätigkeit ein und wurde erst 1921 wieder neu gegründet.

Quelle: Geschichte der FCI

 

1934 enstand der Reichsverband Deutsches Hundewesen (RDH) quasi als Nachfolger des Kartells. Die DC wurde verboten, alle Hundezuchtvereine mussten sich dem RDH anschliessen. Der RDH wiederum war Mitglied in der FCI und erhielt den Auftrag zur Ausrichtung der FCI-Weltausstellung 1935 in Frankfurt.und des kynologischen Weltkongresses.

Die Fachschaft für Deutsche Wachtelhunde (Nachfolger des DWK) richtete dabei eine Sonderausstellung für DW aus. Zu dieser Ausstellung wurden 53 DW gemeldet, und soweit ich dies den Ergebnissen in der DWZ 1935 entnehmen kann, überwiegend Hunde die sich zuvor bereits auf Prüfungen bewährt haben.

Warum soll ein guter Hund nicht auch schön sein dürfen? Eine angemessene Form (Körperbau) ist doch Voraussetzung für Leistung.

Schon damals gingen die Meinungen über das Ausstellungwesen auseinander, und die meisten hielten nicht viel davon. Aber die gelegentliche Vorstellung von Wachtelhunden auf Ausstellungen war üblich, aber keine Verpflichtung. Ausstellungsberichte wurden in den 30er Jahren ebenfalls in der DWZ abgedruckt.

 

In den alten Zuchtbüchern gibt es einzelne Hunde mit SiegerTiteln, die genau wie Leistungszeichen zum Namen gehören. Darunter sind mehr Prüfungs-Sieger als Ausstellungs-Sieger. Was soll verwerflich daran sein, wenn der Besitzer einen Hund mehrfach ausgestellt hat? Das waren aber gleichzeitig Hunde, die sich auch sonst bewährt haben und in der Zucht eingesetzt wurden.

Als Beispiel erwähnen möchte ich
AuDWSgr Pirschjägers >*Dachs RZB/DW 279/43
der sowohl den Titel Ausstellungs-Sieger als auch DWS errungen hatte und in über 20 Würfen Nachkommen brachte.

 

Selbst nach dem Krieg wurden noch Wachtelhunde auf Schauen gezeigt, wovon uns leider keine Berichte vorliegen, jedoch alte Fotos von den Wachtel-Richtern.

 

Meine ersten eigenen Erfahrungen mit Hundeausstellungen gehen auf das Jahr 1989 zurück. In Jagdhundekreisen wurden die Nichtjagdhunde- Rassen mit ihren Schönheits-Ausstellungen belächelt oder als minderwertig angesehen. Da ich aber auch Kontakt mit Besitzern anderer Rassen hatte, wollte ich dies nicht einfach so glauben, zumindest bis ich es einmal selbst erlebt habe. Daher meldete ich damals meine junge Hündin in der Jugendklasse zur VDH-Europasier-Zuchtschau in Dortmund, der grössten Ausstellung eines Jahres in Deutschland, ohne vorher auf irgend welchen kleineren Ausstellungen Erfahrungen gesammelt zu haben.

Ohne besondere Vorbereitung fuhren wir dorthin. In der Wartezeit mussten die Hunde in numerierten Gitterboxen bleiben, damit die Besucher die Hunde anschauen konnten. Für meine Hündin kein Problem, und ich konnte mir so auch ein paar andere Rassen ansehen. Nach der Bewertung im Ring wurden wir noch in den Ehrenring beordert und am Ende bekam sie den Titel VDH-Europajugendsieger.

Nun gut, sie war der einzige DW auf der ganzen Ausstellung, aber ohne Bewertung V hätte sie den Titel nicht bekommen. Leider wurde die jagdlich vielversprechende Hündin beim Hasenspur üben noch vor der JP überfahren, so dass ich nicht mit einer Formbewertung beim VDW vergleichen kann.

Der Ehrenpreis von dieser Ausstellung steht immer noch im Schrank und erinnert mich an diesen Hund. Auch wenn ich dieses Experiment zunächst nicht wiederholte, habe ich keine negativen Erinnerungen an die Ausstellung. Natürlich gab es Hunderassen, die geföhnt und gepudert wurden, aber es gab auch viele ganz normale Hunde. Ich fand die Ausstellung wirklich nicht so schrecklich, wie es immer dahingestellt wurde.

 

Wir kennen es ja aus Ländern wie Schweden oder Tschechien, dass die Vereine dort Wachtelhunde-Ausstellungen ausrichten. Dort gibt es dann auch Spezialrichter für diese Rassen. In weiteren Ländern sind für die Zuchtverwendung entsprechende Ausstellungsergebnisse vorgeschrieben. Sofern es dort keine speziellen Wachtelhund-Ausstellungen gibt, weil die Population zu klein ist, muss man auf allgemeine Ausstellungen gehen, wo die Hunde dann meist von Gruppen-Richtern (das sind Ausstellungs-Richter, die z.B. die FCI Gruppe 8 oder sogar alle Grupen richten dürfen) bewertet werden, da es nicht soviele spezielle Wachtelhund-Richter gibt.

 

Nachdem ich 2001 meinen Appenzeller Rüden bekam, sind wir auf viele verschiedene Ausstellungen im In- und Ausland gefahren. Nach einiger Zeit erhielt er den Titel "Internationaler Champion". Er stand nicht immer vorne, aber oft und auch auf Ausstellungen mit grösserer Konkurrenz. Er wurde als Deckrüde eingesetzt und der Titel machte ihn bestimmt nicht zu einem besseren Vererber. Das liegt nur an dem Besitzer, der sich die Mühe macht den Hund regelmässig auszustellen. Aber bei dieser Rasse wird halt ein wenig darauf geschaut und der eine oder andere Züchter von weiter her hat ihn vielleicht nur deshalb ausgewählt, weil er ihn vorher auf einer Ausstellung gesehen hat.

Ich möchte nun auch ketzerisch behaupten, dass der Titel DWS einen Hund ebenfalls nicht zu einem besseren Vererber macht, sondern dass dieser Titel ebenfalls überwiegend  dem Fleiss und Geschick des Führers zu verdanken ist.

 

Wenn ich meine Wachtelhündinnen wegen dem Appenzeller zu den Ausstellungen mitschleppen musste, dachte ich mir, dann kann ich sie doch auch mal austellen. Und so kam es, dass die beiden ebenfalls etliche gute Bewertungen einholten.  Die rote brachte es bis zum Int. Champion. Sie hatte bereits nach der JP auf der Klubschau des VDWÖ mit V den Jugendsieger gemacht. Und gejagt hat sie wie der Teufel. Die Braune hatte mit 2 Jahren einen Jagdunfall und konnte als "Humpelchen" nicht mehr ausgestellt werden. Aber für Nachsuchen war sie immer noch zu haben. Und mit den Ausstellungen haben wir dann wieder aufgehört, da den Hunden andere Beschäftigungen wesentlich lieber waren.

Trotzdem denke ich noch gern an diese Zeiten zurück. Es ging ja nicht darum, auf der Schau den "besten" Hund zu haben, sondern man trifft andere Hundeleute, mit denen man sich austauschen kann, man kann sich andere Hunde-Rassen ansehen, man kann bei den Verkaufsständen Hundeausrüstung einkaufen usw. Und wenn bei der Bewertung andere Hunde besser eingestuft werden , ist es auch kein Beinbruch. Wobei beim DW die Konkurrenz eher klein bis nicht vorhanden war. Es gab Richter, die durchaus etwas mit dem Wachtelhund anfangen konnten, aber auch Allgemeinrichter aus dem Ausland, die sicher noch nie einen DW gesehen hatten  und wo ich mich dann schon fragte, ob dieser das "V" nur gegeben hat, damit er schnell fertig ist.

Aber einmal habe ich mich tierisch aufgeregt. 2011 war in Dortmund wieder eine grössere VDH-Ausstellung anlässlich 100 Jahre FCI, und da habe ich noch einmal meine rote Hündin in der Champion-Klasse gemeldet. Wir waren wieder mal der einzige DW auf der ganzen Ausstellung. Der Allgemeinrichter (der alle Rassen bewerten darf) aus Österreich meinte dann zu mir "diese Farbe steht aber nicht im Rassestandard!" Und das von einem, der sich sonst als grosser Hundekenner gibt. Da musste ich ihm dann im Ring doch laut und deutlich wiedersprechen, aber es war mir klar, dass wir an diesem Tag höchstens mit "SG" heimgehen. Schwamm drüber.

 

Ich brauche die Ausstellungen nicht wirklich, fände es aber auch nicht schlimm, wenn - wie in anderen Ländern - ein oder zwei Ausstellungen mit SG verlangt werden, wenn man züchten will. Dann kämen doch mehr Hunde im Ring zusammen und man kann durchaus Unterschiede erkennen und Vergleiche ziehen.

Und was wäre schon schlimmes dabei, wenn man gute und schöne Jagdhunde auch einmal einer breiteren Öffentlichkeit vorstellt. Man muss sie ja deshalb noch lange nicht an Nichtjäger abgeben, sondern kann interessierte Besucher aufklären.

2017 kam dann kurzfristig und ausserplanmässig die FCI-Weltausstellung nach Deutschland, diesmal nach Leipzig. Da Deutschland das Ursprungsland der Rasse ist, sollten auf so einer Schau auch Wachtelhunde gezeigt werden. Deshalb entschloss ich mich nach Leipzig zu melden und fuhr im Oktober mit 5 Hunden auf die Ausstellung. Ein Junghund, vier ältere, alle schon auf Prüfungen bewertet, zwei auch im Zuchteinsatz. Keiner davon hatte vorher mit einer Ausstellung zu tun gehabt.

Ich fand es allerdings schade, dass sich kein anderer Wachtelhund aus Deutschland eingefunden hatte, sondern nur einige aus dem Ausland. Wir bekamen keine 1. Preise, aber die Hunde wurden nicht schlechter als SG bewertet und auch die Zuchtgruppe wurde bei der Bewertung für gut befunden, so dass wir unsere Rasse später noch im Ehrenring zeigen durften. Und ich bin froh, dass wir dabei waren und unsere Rasse und unseren Verein vertreten haben.

Erstaunlich fand ich auch wie unsere Hunde diesen ganzen Trubel, den sie noch nie vorher erlebt hatten, so gelassen genommen haben. Das zeigt doch, dass wesensfeste Jagdhunde jeder Situation gewachsen sind. Wir sind dann am selben Abend noch zurück gefahren, denn es war mitten in der Jagdzeit und die Hunde waren am nächsten Tag schon wieder im Jagdeinsatz.

 

More Joomla Extensions